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Slowenische Botschafterin zu Besuch in Neumarkt

19.07.2017 Neumarkt.

Nicht einmal der kurzfristig abgesagte Flug von Air Berlin konnte die Botschafterin der Republik Slowenien, Marta Kos Marko daran hindern, der Einladung von Bundestagsabgeordnetem Alois Karl nach Neumarkt zu folgen. So brauste sie eben mit ihrem Chauffeur Kevin am Steuer im Auto von Berlin in die Oberpfalz. Es hat sich gelohnt.

Denn Alois Karl hatte für die gelernte Journalistin ein streng getacktetes, vielschichtiges und hoch interessantes Programm zusammen gestellt. Ein starker emotionaler Moment war der Besuch der Kriegsgräberstätte am Föhrenweg. Dort liegen viele ihrer Landsleute begraben, die während des Krieges nach Deutschland verschleppt worden waren und in Neumarkt und ganz Bayern gestorben sind.

Doch das Augenmerk der Botschafterin galt selbstredend auch der Gegenwart und der Beziehung ihres Landes zu Deutschland, zu Bayern und den Möglichkeiten, die es auch Unternehmen aus dem Raum Neumarkt böte. So wie sie die Firma Burkhard aus Mühlhausen schon länger pflegt. Gerhard Burkhard gehörte zu den Gesprächspartnern, die der Diplomatin im Lex im Ärztehaus ihre Aufwartung machten. Der Steuerberater Rainer Götz mit Kundschaft aus den Balkanstaaten war da und die Industrie- und Handelskammer, Geschäftsstelle Neumarkt, vertrat Silke Auer.

Marta Kos Marko warb für ihr Land mit seinem wertvollsten Kapital: gut ausgebildeten, strebsamen, und zuverlässigen Arbeitskräften und einer Wirtschaft , die von der Struktur her der Deutschlands ähnle. Vergleiche, das weiß die kluge Frau, sind zwischen einem Zwei-Millionen-Völkchen und einem Land mit über 80 Milliomen Einwohnern seriös nicht zu ziehen. Aber sie ließ andere Zahlen sprechen. So etwa, dass Slowenien sich unter 190 Staaten, mit denen die Bundesrepublik wirtschaftliche Beziehungen unterhält, auf den 39. Platz geschoben hat.

Die Burkhard GmbH, die in Malibor im Nordosten Sloweniens mit einem Partnerunternehmen kooperiert, bot sich für eine Besichtigung an. Das Mühlhausener Unternehmen stellt komplette Blockheizkraftwerke her und hat, wie Inhaber Gerhard Burkhardt erläutere, auf dem Feld Holzvergasung weltweit keine Konkurrenz zu fürchten. Gerne wäre er bereit, sofort intensiver auf dem slowenischen Markt einzusteigen. Allein es scheitere noch an der geringen Stromvergütung. Die Botschafterin versprach, beim Energie- und Infrastrukturminister ihrer Heimat dieses Problem anzusprechen. Vielleicht, so Alois Karl ergibt sich in naher Zukunft auch ein gemeinsamer Termin mit Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner mit einem Abstecher nach Mühlhausen.
Beim Rundgang über das Firmengelände, führte der Weg, wie der Zufall es so will, auch vorbei an einem zum Verladen bereiten Blockheizkraftwerk. Bestimmungsland: Slowenien. Das verrieten die Beschriftungen auf den Armaturen. Da musste natürlich sofort ein Erinnerungsschnapsschuss her.
„Ölpalme kann jeder“ schwärmte Mühlhausens Bürgermeister Martin Hundsdorfer von seinem Vorzeigebetrieb, „Holzvergaser nur der Burkhardt“. Im Rathaus erzählte er der Botschafterin von der langen und wechselvollen Geschichte der Orte, die heute Mühlhausen bilden. Zum Abschied bat er sie um einen Eintrag ins Goldene Buch. Sie fühle sich wie zuhause, schrieb Marta Kos Marko hinein.

Obwohl die Zeit knapp bemessen war, wurde der eigentlich für den Vormittag gedachte Besuch auf der Kriegsgräberstätte Föhrenweg noch eingeschoben. Das war der Botschafterin ein Bedürfnis und auch Alois Karl. Der frühere Bürgermeister Arnold Graf ist mit der traurigen Materie seit vielen Jahren befasst. Er erzählte von der Rache für einen Partisanenüberfall auf eine Wehrmachteinheit, der viele Männer des slowenischen Ortes Komen zum Opfer fielen. Frauen und Kinder wurden nach Deutschland verschleppt und vom Bahnhof in das Lager im Wald oberhalb Neumarkts getrieben.

Doch, da sie offenbar von Neumarktern heimlich Menschlichkeit erfuhren, blieb kein Hass zurück. Heute werden gute Beziehungen zwischen Neumarkt und Komen gepflegt. Ein Bildhauer aus dem slowenischen Städtchen hat die Figur der Mutter mit Kindern vor dem Kindergarten Bräugasse geschaffen, um nur ein Beispiel zu nennen. Da Marta Kos Marko schon bald als Botschafterin in die Schweiz wechselt, versprach sie, ihrem Nachfolger in Berlin ans Herz zu legen, unbedingt diesen würdevollen Friedhof zu besuchen.

„Die gewaltigste Umwälzung in der Gesellschaft Deutschlands und Europas in den letzten 50 Jahren ist meines Erachtens der Umweltschutz und dann vor allem der Umgang mit behinderten Menschen“, sagte MdB Alois Karl, als er mit der Botschafterin die Jura-Werkstätten besuchte. Empfangen wurden die Gäste vom Vorsitzenden Dr. Willi Baur, Geschäftsführer Andreas Moser und Werkstattleiter Sebastian Schauer. Dazu gesellten sich Elternvertreter, die Vertreterin des Betriebsrats und der Werkstattrat, der aus den Reihen der rund 850 Menschen kommt, die in der Einrichtung mit Schule, Arbeitsplätzen und Wohnheimen betreut werden.

Dr. Willi Baur erläuterte die Organisation und die finanzielle Ausstattung und lud dann zu einem Rundgang durch die Fertigungsbereiche ein. Die Besucherin war beeindruckt von der Atmosphäre von Fleiß und guter Laune.
Da die Jura-Werkstätten einen Teil ihrer Aufwendungen selbst erwirtschaften müssen, helfe es sehr, betonte Moser, dass heimische Firmen gerne mit ihnen kooperieren. Marta Kos Marko konnte viele aufschlussreiche Informationen aus den Gesprächen mit nehmen, die auch in ihrer Heimat nützlich sein können, wo die Behinderten-Betreuung noch nicht so feste Strukturen hat. Vor allem aber wurde ihr versichert, dass Einrichtungen wie diese in der Gesellschaft immer mehr Akzeptanz erfahren werden. Das war ihr offenbar wichtig.

Foto: privat

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