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IHK Regensburg: Innenstädte stehen unter Druck

02.12.2022 Oberpfalz.

In Ostbayern stehen zahlreiche Ladenflächen leer. Es braucht neue Konzepte – und Politiker, Verwaltung sowie Eigentümer, die Verantwortung übernehmen.
 
Am Neupfarrplatz in Regensburg, am Marktplatz in Cham oder auch in der Georgenstraße in Amberg: Die IHK Regensburg für Oberpfalz / Kelheim beobachtet mit Sorge, dass in mehreren ostbayerischen Städten Ladenflächen in zentraler 1a-Lage leer stehen. „Nicht erst seit den aktuellen Krisenzeiten stehen die Innenstädte unter erheblichem Druck“, beobachtet Stadtentwicklungs-Experte Jan Vorholt von der CIMA Beratung + Management GmbH.
 
Die Gründe dafür sind vielfältig: Manche Händler kapitulieren angesichts der zunehmenden Konkurrenz durch den Online-Handel, manche angesichts stetig steigender Mietpreise. Manche sehen nach fast drei Jahren Pandemie und wegen der Auswirkungen des Ukraine-Krieges keine Perspektive mehr. Manche ziehen in große Shopping-Center um, die bei vielen Kunden wegen kurzer Wege und angrenzender Parkhäuser beliebt sind.
 
Potenziellen Mietern entgegenkommen
 
Die Folge von Geschäftsaufgaben und Filialschließungen in zentraler Lage sind häufig Leerstände. „Verantwortung müssen insbesondere auch die Immobilieneigentümer übernehmen“, betont Vorholt. Für lebendige Innenstädte sei es unabdingbar, dass Eigentümer von leerstehenden Flächen die Bereitschaft zeigen, potenziellen Mietern entgegenzukommen. Eine Möglichkeit sieht er darin, Händlern flexiblere oder kürzere Mietlaufzeiten anzubieten. „Generell sollten Immobilieneigentümer im Rahmen ihrer Möglichkeiten auf die schwierige Marktlage des Einzelhandels und auf damit verbundene finanzielle Belastungen der Mieter reagieren, um einen Beitrag zur langfristigen Vielfalt und Attraktivität der Innenstädte zu sichern. Dies ist jedoch einzelfallabhängig, da auch Immobilieneigentümer bindende Verpflichtungen haben.“
 
Gefragt sind auch Politik, Verwaltung und die innerstädtischen Unternehmen. „Nur wer gemeinsam handelt, kann dafür sorgen, dass Innenstädte langfristig vital und vielfältig bleiben“, sagt Vorholt.
 
Blick nach Freystadt und Weiden
 
Positivbeispiele aus der Region zeigen, wie gemeinsames Handeln funktionieren kann. Nach Freystadt im Landkreis Neumarkt kommen Kunden sogar von weit her. Die Gründe dafür sind vielfältig: Freystadt punktet mit einem historischen Stadtkern, familiengeführten Betrieben mit exzellenter Beratung und kostenfreien Parkplätzen in der Innenstadt. Außerdem locken übers Jahr verteilte Floh- und Themenmärkte Menschen ins Zentrum.
 
Auch von Weiden können sich andere Städte etwas abschauen. Dort gibt es unter anderem ein gezieltes Leerstandsmanagement. Leere Flächen können beispielsweise für Pop-up-Stores genutzt werden. Hinzu kommt, dass die Wirtschaft aktiv eingebunden wird: Die IHK wird in Konzepte der Stadtentwicklung einbezogen, für Händler gibt es regelmäßige Treffen. Und seit Kurzem gibt es eine Innenstadtmanagerin.
 
Miteinander statt Gegeneinander
 
„Positiv ist auch, dass die Händler immer mehr miteinander sprechen“, findet Tobias Sonna, der in Weiden im Familienbetrieb Geschenkartikel und Haushaltswaren verkauft. Früher sei die Hauptkonkurrenz vor Ort gewesen. Heute habe man mit Blick auf die Konkurrenz zum Online-Handel eher das gemeinsame Ziel, Kunden in die Weidener Innenstadt zu locken. Außerdem hat die Stadt auf Wunsch der Wirtschaft ein Treffen zwischen Wirtschaft und Verwaltung eingerichtet, mit dem Ziel, die Unternehmen vor Ort möglichst frühzeitig über bauliche Maßnahmen zu informieren. „Das klappt zwar noch nicht immer“, sagt Sonna, „aber wir sind auf einem guten Weg“.
 
Natürlich gebe es auch weitere Herausforderungen. So würden beispielsweise gestrichene Parkplatzflächen für Unmut sorgen. „Wir müssen auch an die Kunden aus dem Umland denken“, betont Sonna.
 
Doch auf der anderen Seite gebe es viel Positives, das sich andere Städte abschauen können. Die Verknüpfung von Handel und Gastronomie zum Beispiel. „Eine Innenstadt ist wie eine Art Shoppingcenter“, meint Sonna. Er ist davon überzeugt, dass ein Innenstadt-Konzept, das nur den Handel berücksichtige, nicht funktioniere. „Der Kunde will auch mal verweilen und sich ausruhen. Deswegen ist es wichtig, die Gastronomie mit ins Boot zu holen und Verweilzonen zu schaffen. Gerne auch konsumfreie Verweilzonen – das wäre auch eine Idee für Weiden.“
 
Innenstädte als moderne Erlebnisräume
 
Für IHK-Präsident Michael Matt, der als Inhaber von Matt Optik die Lage der Händler im Stadtzentrum aus erster Hand kennt, ist die Mischung verschiedener Angebote für eine lebendige Innenstadt unverzichtbar. „Zwei Dinge werden in Zukunft für vitale Innenstädte und Ortszentren immer wichtiger werden: Zum einen braucht es eine hohe Aufenthaltsqualität – und zwar sowohl für die Bewohner als auch für Besucher. Zum anderen ist es wichtig, dass die Städte einen attraktiven Mix aus Einkaufen, Gastronomie, Kultur, Freizeit und Entspannung bieten.“
 
Zentren dürften nicht nur reine Standorte des Versorgungseinkaufs sein, sagt Matt. „Innenstädte müssen sich zu modernen Erlebnisräumen entwickeln, um die Menschen emotional anzusprechen und sie künftig noch – oder wieder – stärker in diese Lagen zu locken. Davon profitieren am Ende sowohl die Geschäfte als auch die Kommunen und ihre Bewohner.“
 
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