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Pfarrer M. Hermann über den Karfreitag

12.04.2017 Neumarkt.

Endstation Karfreitag: Jesus stirbt am Kreuz. Die Welt hält den Atem an. In den Kirchen verstummen die Glocken und schweigen. Auf den Altären verlöschen die Kerzen und trauern. Jesus stirbt. Er verblutet geschunden und zerschlagen am Kreuz. Hingerichtet wie der übelste Verbrecher. Alles ist aus. Gott hat der Erde den Rücken gekehrt – so scheint es. Das Licht der Hoffnung erlischt. Das Leben erstirbt. Alle Nächte der Menschheit brechen über Jesus, dem Gekreuzigten zusammen. Über ihm, der friedlich durch das Land gezogen war, der Schwache ermutigt und Kranke geheilt hat. Der selbst für seine Feinde gute Worte fand. Und dann – Endstation Kreuz. Extremer geht’s nicht. Warum? Warum lässt Gott das zu? So richtet Gott die Welt, sagt uns die Bibel. Die Strafe liegt allein auf Jesus, damit wir Frieden haben. Karfreitag stellt die Dinge auf den Kopf. Am Kreuz von Golgatha weist Gott die Schuld nicht andern zu, sondern nimmt alle Schuld, Versagen, Gier, Hass, Verirrungen - auch unsere - auf sich selbst. Der Sohn Gottes trägt all dies und durchleidet selbst die Gottesferne. „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“

„Warum?“ so fragen immer wieder Menschen angesichts der Ungerechtigkeiten auf dieser Welt, angesichts des furchtbaren Leides, das manche erdulden müssen. Wenn sie Gewalt und Zerstörung, Niedertracht und Entwürdigung am eigenen Leib erfahren. Wenn Flüchtlinge im Meer versinken oder jemand aus der eigenen Familie frühzeitig sterben muss. Und wenn die Angehörigen mit dem Verlust nicht klarkommen. Denn der Tod verändert alles. Wer einmal einen lieben Menschen verloren hat, weiß das. Nichts ist mehr, wie es vorher war, wenn ein Mensch nicht mehr da ist. Für manche ein Alptraum. Nur mit dem Unterschied, dass es kein Traum, sondern bittere Realität geworden ist. Warum nur? fragen sie sich. Aber es kann sein, dass gerade Menschen mit solch extremen Erfahrungen sich von der extremen Aussage des Karfreitags berühren lassen. Denn trotz aller Fragen bietet Karfreitag auch ihnen einen Lichtblick. Denn es ist kein billiger Trost, wenn Christen darauf vertrauen, dass Gott Leidenden und Trauernden besonders nahe ist. Trotz aller unbeantworteten Fragen, trotz der großen Frage nach dem Warum.

Das ist die andere Seite von Karfreitag: Jesus am Kreuz, das Bild vom mitleidenden Gott. Der Blick darauf gibt Hoffnung für den eigenen Weg. Lichtblick und Ermutigung, das eigene Leben nochmal anders zu entdecken. Und ermutigt zugleich, ein Gespür für andere zu bekommen, die gerade in einer tiefen Krise stecken. Die Halt und Hoffnung brauchen. Und Wegweisung. Damit aus Endstationen Aufbruchstationen werden zu einem anderen, zu einem neuen Leben jenseits der Trauer. Denn Gott-sei-Dank war Karfreitag nicht Endstation, sondern die Strahlen des Ostermorgens künden bereits an, dass neues Leben darauf wartet, entdeckt zu werden.

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