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Das Oberpfälzer Modell zur Herstellung eines fairen Wettbewerbs

03.05.2016 Neumarkt.

Ziele: Bekämpfung von Schwarzarbeit und mehr Beitragsgerechtigkeit beim Sozialkassenverfahren Bau

Die Herstellung eines fairen Wettbewerbs liegt den 7 Bauinnungen der Oberpfalz (= Bauinnungen Cham, Amberg, Neumarkt, Sulzbach-Rosenberg, Parsberg, Nordoberpfalz und Regensburg) am Herzen. Entwickelt wurde dort aus diesem Grund das Oberpfälzer Modell wie folgt:
Im Jahr 2012 beschlossen die Bauinnungen, die Bemühungen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit durch eigene Maßnahmen zu intensivieren, die zwei Bereiche umfassen: zum einen die Bekämpfung von Wettbewerbsverstößen, damit also von Schwarzarbeit, und zum anderen die Herstellung von mehr Beitragsgerechtigkeit beim Sozialkassenverfahren der Bauwirtschaft.

Nun war die Zeit gekommen, in beiden Bereichen Bilanz zu ziehen.
Aus Sicht der Bauinnungen fällt diese Bilanz aufgrund der zu verzeichnenden Zahlen sehr zufriedenstellend aus.
Eine Auswertung der SOKA-BAU (=Sozialkasse der Bauwirtschaft) hinsichtlich der Meldungen, die die Bauinnungen seit Anfang des Jahres 2012 dorthin geschickt haben, hat zusammengefasst folgende Erfolgszahlen ergeben:

1)    Anzahl der neu erfassten Baubetriebe
Bis jetzt konnte die SOKA-BAU ausschließlich auf Basis dieser Meldungen 67 Betriebe neu erfassen.

2)    Steigerung der Beitragseinnahmen der SOKA-BAU durch 67 neu erfasste Betriebe
Die Gesamteinnahmen, die die SOKA-BAU für diese oben genannten 67 Betriebe verzeichnen konnte, belaufen sich (inklusive rückwirkender Erfassung) auf knapp 700.000 Euro.

Durch die pflichtwidrige Nichtteilnahme am Sozialkassenverfahren der Bauwirtschaft spart sich ein Betrieb –im Vergleich zum redlichen Unternehmer- im Regelfall jährlich einen Betrag in Höhe von etwa 10% der Bruttolohnsumme, bei einem 10-Mann-Betrieb beispielsweise ca. 35.000 Euro.
Leidtragende dieses Missstandes sind der ehrliche Konkurrenzbaubetrieb und natürlich auch der Bauarbeitnehmer, dem im Betrieb aufgrund fehlender Teilnahme am Sozialkassenverfahren meist kein zusätzliches Urlaubsgeld (ca. 900 Euro pro Jahr) und keine tarifliche Altersvorsorge  (ca. 1.100 Euro pro Jahr) bezahlt werden.

Auch im Bereich der Bekämpfung der handwerksrechtlichen Schwarzarbeit, gemeint ist damit die Ausübung eines zulassungspflichtigen Bauhandwerks ohne Eintragung in die Handwerksrolle der Handwerkskammer, lässt sich aus Sicht der Bauinnungen ein positives Fazit ziehen.
Erfolgsfaktor ist, dass sich die Bauinnungen dabei nicht auf andere bei der Bekämpfung verlassen, sondern die unzulässige Ausübung eines Bauhandwerks oder die damit zusammenhängende Werbung dadurch ahnden, dass sie den darin liegenden Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht (= Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG) selbst verfolgen.
Wird ein Verstoß gegen Wettbewerbsrecht festgestellt, bekommt der betroffene Betrieb von der Bauinnung (stellvertretend durch deren Verbandsgeschäftsstelle in Regensburg) eine Abmahnung und muss eine sogenannte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben.
Strafbewehrt deshalb, weil der Betrieb nicht nur erklären muss, dass er die Werbung und/oder die Ausübung eines Bauhandwerks ab sofort unterlässt, sondern er verpflichtet sich auch, eine empfindliche Geldstrafe zu zahlen, wenn er der erklärten Unterlassung zuwider handelt.
Die Vertragsstrafen betragen 1000 Euro pro unzulässige Werbung und 3.000 Euro für jede unzulässige Ausübung – da überlegt sich manch abgemahnter Betrieb, ob sich die Schwarzarbeit künftig noch lohnt.

Was die 7 Bauinnungen bei diesen Verfahren antreibt:
Die Eintragung in die Handwerksrolle ist nicht nur rechtliche Voraussetzung dafür, ein zulassungspflichtiges Bauhandwerk wie z. B. das Handwerk des Maurers, des Isolierers, des Betonbauers, des Zimmerers sowie des Straßenbauers selbständig ausüben zu dürfen, sondern dient auch dem Qualitätsschutz und der Wettbewerbsgerechtigkeit im Handwerk.

Obermeister Werner Keckl von der Bauinnung Neumarkt zu den Feststellungen: „Die Anzahl der bei uns insgesamt abgegebenen 169 Unterlassungserklärungen innerhalb von 4 Jahren allein im Regierungsbezirk Oberpfalz und Teilen des Landkreises Kelheim überrascht uns nicht, die Dunkelziffer der handwerksrechtlichen Schwarzarbeit liegt weit höher. Daher gilt es für uns zugunsten unserer Innungsmitglieder bei der Bekämpfung am Ball zu bleiben. Die meisten geahndeten Verstöße betrafen Nichteintragungen im Maurerhandwerk und dem Handwerk des Straßen- und Pflasterbauers. Bei der pflichtwidrigen Nichtteilnahme am Sozialkassenverfahren waren in unserem Zuständigkeitsbereich die größten Lücken der Betriebserfassung bei Erd- und Bagger-, Trockenbau und Fliesenlegerbetrieben, aber auch bei Maurer- und Straßenbaubetrieben festzustellen. Die Zusammenarbeit zwischen uns und der SOKA-BAU funktioniert und die Meldungen durch Verbände und Innungen dorthin sind aus unserer Sicht der einzige Weg, um mehr Wettbewerbsgerechtigkeit vor Ort herzustellen. Wir versuchen daher auch andere handwerkliche Institutionen in Bayern bzw. bundesweit zu vergleichbaren Tätigkeiten zu begeistern.“
 

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