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Appell bei der brainWEEK an den Pflegenachwuchs: "Ihr seid total wichtig"

26.03.2024 Neumarkt / Landkreis.

Im März 2024 fand die "brainWEEK", die internationale Woche des Gehirns, in Neumarkt (Oberpfalz) statt.
 
Im Mittelpunkt dieser Veranstaltungsreihe stand das menschliche Gehirn.
 
Im Rahmen der "brainWEEK" fand unter anderem auch ein Vortrag für Schülerinnen und Schüler der Neumarkter Akademie für Gesundheitsberufe statt.
 
Karl-Eugen Siegel, Vorsitzender des Vereins "SelbstHilfeVerband - FORUM GEHIRN", berichtete als Betroffener über seine hirntote Frau, die ein Kind zur Welt brachte.
 
Hirntote trägt Kind aus
 
Vor dreißig Jahren ist Gabriele Siegel, die Frau von Karl-Eugen Siegel, auf offener Straße zusammengebrochen. Einfach so. Ohne erkennbaren Grund.
Der Notarzt reanimierte sie über eine Stunde, bis sie ins Krankenhaus eingeliefert werden konnte. Karl-Eugen Siegel: "Die Lage war äußerst bedrohlich...  Es ging um Leben und Tod. Im Krankenhaus wurde sie als 'Apallikerin', also als Wachkoma-Patientin, 'behandelt'...."
Zu diesem Zeitpunkt war Gabriele Siegel im dritten Monat schwanger.
 
Es war mucks-mäuschenstill im Saal 
 
Als Karl-Eugen Siegel den Pflege-Azubis aus seinem Tagebuch, in dem er damals seine Erlebnisse aufgeschrieben hat, vorliest, wird es im Saal mucks-mäuschenstill. Man hätte buchstäblich eine Stecknadel fallen hören können.
Viele der Pflege-Azubis mussten schlucken, andere kämpften mit den Tränen.  
Karl-Eugen Siegel: "Am 10. Tag des Krankenhausaufenthaltes fiel dann auch noch die Beatmungsmaschine aus. Die Diagnose der Ärzte lautete: 'Hirntod'. Die Ärzte rieten mir zu einem Schwangerschaftsabbruch. Ich war hin- und hergerissen. Meine Frau hätte das bestimmt nicht gewollt. Und ich wollte das auch nicht. Also entschied ich mich gegen einen Schwangerschaftsabbruch."
Siegel: "Ich war total am Ende. Aber wir durften nicht aufgeben. Mit 'wir' meine ich meine Frau, das werdende Kind und ich." 
 
Mir war so schwer ums Herz
 
Knapp drei Monate später kam unser Kind zur Welt. Ein gesundes Kind. Ein Frühchen. Ein Sohn. Unser Sohn Maximilian. 
Für Karl-Eugen Siegel war es ein Gefühlschaos, Einerseits freute er sich riesig auf das Kind, andererseits war es die große Sorge um seine Frau. Siegel: "Bei der Geburt unseres Kindes pendelte ich im Kreißsaal ständig zwischen unserem Neugeborenen und meiner Frau hin und her... Mir war so schwer ums Herz“.
Nach zwei Tagen verstarb seine Frau.
 
Neumarkter Akademie für Gesundheitsberufe
 
Die Neumarkter Akademie vereint vielseitige Berufsausbildungen im Gesundheits- und Sozialwesen unter einem Dach.  Bei der Neumarkter Akademie werden die Schülerinnen und Schüler unter anderem auch zu examinierten Pflegefachhelfern und zu Pflegefachkräften ausgebildet. Aktuell befinden sich rund 250 junge Menschen an der Berufsfachschule in der Ausbildung. In der dreijährigen Ausbildung werden die Schülerinnen und Schüler mit dem breiten Aufgabenspektrum im pflegerischen, sozialen und medizinischen Bereich bekannt gemacht. Sie lernen viele verschiedene Fachbereiche kennen. Die Einsätze finden in Kliniken, in Einrichtungen der Langzeitpflege sowie im ambulanten Pflegedienst statt.
 
Kornelia Reichert, die Leiterin der Neumarkter Akademie: „Unser Ziel ist es, verantwortungsbewusste und fachkompetente Pflegekräfte auszubilden. Erhalten, fördern sowie wiederherstellen von Gesundheit, das beinhaltet die Planung, Organisation, Durchführung und Evaluierung einer qualitativ hochwertigen Pflege.“
 
Wachkoma-Patienten sind keine sterbenden Menschen
 
Warum erzählte Karl-Eugen Siegel von seinen Erfahrungen als Ehemann, Vater und Betroffener? 
Karl-Eugen Siegel: "Ich möchte die zukünftigen Pflegekräfte sensibilisieren, dass Wachkoma-Patienten nicht sterbende Menschen sind. Sie können Signale empfangen, auch wenn sie sich nicht artikulieren können. Sie können viel mehr wahrnehmen, als man denkt." 
Und er motiviert den Pflegenachwuchs "nicht die Ärzte, sondern ihr, die Pflegerinnen und Pfleger seid am nächsten am Patienten. Der Arzt ist vielleicht ein paar Minuten während der Visite am Krankenbett. Ihr seid ständig beim Patienten. Wenn ihr eine Reaktion bei Wachkoma-Patienten feststellt, traut euch das zu melden, gebt den Ärzten Bescheid...  Ihr seid total wichtig!“
 
 
Karl-Eugen Siegel liest aus seinem Tagebuch - Foto: Ulrich Jaeger
 
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