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Schweine fühlen sich auf der Weide wohl

14.03.2024 Neumarkt / Landkreis.

Bauern informieren sich über Wertschöpfungskette Bio-Fleisch

Gesund und quietschfidel sehen die Mutterschweine und die Ferkel aus, die sich auf den großzügigen Weiden des Bio-Betriebes Land.Luft in Leberfing in Niederbayern tummeln. Die Ferkel haben noch nie einen Stall von innen gesehen: sie wurden bereits auf der Weide geboren und verbringen ihr gesamtes Leben draußen. 
 
Dass man Schweine vom ersten bis zum letzten Lebenstag auf der Weide halten und das Fleisch professionell vermarkten kann, davon konnten sich 40 Biolandwirtinnen und -landwirte sowie Verarbeiter aus der Bio-Branche aus den Landkreise Amberg-Sulzbach, Kelheim, Neumarkt i.d.OPf., Regensburg, Rottal-Inn und Passau auf dem Biohof mit rund 30 ha Weiden rund um den Hof überzeugen. 
 
„Auf einer Familienfeier haben sich Mitglieder der Betreiberfamilie Lindner darüber unterhalten, dass Fleisch immer mehr zum Industrieprodukt wird und das Leben der Tiere alles andere als artgerecht ist. Die Familie beschloss, dies zu ändern “, so beschreibt Land.Luft-Mitarbeiter Daniel Frischhut die Idee der Betreiber-Familie Lindner zum Aufbau des Bio-Hofes, auf dem das Tierwohl an erster Stelle steht. 
 
Gesagt, getan. Heute werden laut Frischhut auf etwa 30 Hektar Wiesen rund um die Hofstelle Schweine und Rinder im Freiland nach den Richtlinien des Ökolandbaus gehalten. Für trächtige Sauen beispielsweise wurden 400 Quadratmeter große, eingestreute Abferkelweiden mit Spitzhäusern als Unterstand angelegt – hier bleiben die Ferkel die ersten 40 bis 45 Tage bei den Müttern. Danach geht es für die Tiere bis zu einem Lebendgewicht von 30 bis 35 kg in den Ferkel-Kindergarten. Anschließend werden sie etwa acht bis neun Monate bis zu einem Schlachtgewicht von etwa 130 kg gemästet. Aktuell leben auf dem Betrieb 50 Zuchtsauen, die größtenteils künstlich besamt werden. Zum Betrieb in Leberfing gehört auch eine Herde mit etwa 60 Rindern, die ebenfalls Zeit ihres Lebens im Freien lebt. 20 Rinder werden jährlich geschlachtet. Eine sehr große Angus-Herde werde auf einem zum Konzern gehörenden Bio-Betrieb im rumänischen Siebenbürgen gehalten.
 
„Die Schweine und Rinder haben Zeit ihres Lebens mehr als genug Platz, um sich tiergerecht zu entfalten, ihren Instinkten zu folgen und sich in ein gesundes Sozialgefüge einzuordnen“ beschreibt Daniel Frischhut die Haltung der Nutztiere. Das Bio-Futter komme soweit möglich vom eigenen Hof und aus der Region. Den Tieren wird Eiweißfutter aus Erbsen, Ackerbohnen und Triticale gefüttert.
 
Dass es den Tieren im Freien gefällt, das sieht man sofort: die Schweine sie sind aktiv in Gruppen unterwegs, suhlen sich und wühlen in der Erde nach Nahrung. Die Ferkel spielen munter miteinander. 
 
Durch das Wühlen in der Erde arbeiten die Schweine die Grasnarbe regelrecht auf. Diese gilt es nach der Weidezeit wieder einzuebnen und neu anzusäen und der Grasnarbe Zeit zu geben, sich wieder zu erholen. Sprich, für die Weidehaltung von Schweinen ist viel Grünland nötig, um genügend Fläche für regelmäßige Umtriebe zu haben. Für den Betrieb der Landwirtschaft sind sechs ausgebildete Landwirte angestellt.  
 
Doch die Weidehaltung der Tiere ist nur ein Teil der Wertschöpfungskette Bio-Fleisch auf dem Biohof Land.Luft. Die Lindner Group als Betreiber hat auf der Hofstelle Gebäude renoviert und neu errichtet. Das ehemalige Wohnhaus ist heute Verwaltungsgebäude. Ein Schlachthaus wurde gebaut und ein riesiger Schlachtanhänger für die stressfreie Schlachtung der Tiere auf der Weide angeschafft. „Wir versuchen „from nose to tail“, sprich, von der Nase bis zum Schwanz das gesamte Tier zu verwerten“, erklärte Frischhut. Schlachtabfälle gehen in die Erzeugung von Hundefutter. Ziel sei es, etwa 1400 Euro Wertschöpfung pro Schwein zu erzielen. 
 
Die Schlachtung läuft folgendermaßen ab: Tage vor der Schlachtung wird eine Box auf der Weide aufgestellt, die die Tiere ungezwungen kennenlernen können und die am Schlachttag als Durchgang in den Schlachtanhänger dient. Geschlachtet werden nur die Tiere, die freiwillig in den Anhänger gehen – so wird bei den Tieren Stress vermieden und Qualität des Fleisches ist höher. 
 
Aus den Schlachtkörpern werden umgehend von mehreren Metzgern nach dem System der Warmfleischverarbeitung Fleisch- und Wurstprodukte hergestellt, die über den Bio-Hofladen, den Online-Shop und das hofeigene Bio-Restaurant professionell vermarktet werden. „Die Kunden, die unser Weidehaltungssystem schätzen, zahlen auch bei unseren Produkten den angemessenen Preis“, ist Daniel Frischhut vom System überzeugt.
 
Der frühere Schweinestall mit Gewölbe wurde zum gemütlichen Restaurant umgebaut. Hier konnten die Besucher der Öko-Modellregionen aus der Oberpfalz und Niederbayern das Weidefleisch aus dem Reindl verkosten. Und die Teilnehmer staunten nicht schlecht, als die Bratreindl für jeweils vier Personen – prall gefüllt mit Schweinefleisch auf Kraut, Kartoffeln und Semmelknödeln - in die Tische gestellt wurden und zu einem deftigen Abendessen einluden.
 
„Diese Exkursion war für mich eine sehr gute fachliche Fortbildung: als Metzger konnte ich sehr viele Eindrücke und Praxistipps insbesondere bezüglich der Weideschlachtung sammeln. Schweine so lebendig auf der Weide zu sehen, das spornt mich an, selbst Tiere im Freiland zu halten“, war Helmut Zupfer vom Betriebsbesuch bei Land.Luft in Leberfing sichtlich begeistert.
 
Alle Teilnehmer waren sichtlich beeindruckt von der tierwohlorientierten Weidehaltung, der tierschonenden Weideschlachtung und mit anschließender Ganztierverarbeitung und der Direktvermarktung der Bio-Fleischprodukte über Hofladen, Onlineshop und Restaurant. Fazit: eine gelungen Wertschöpfungskette Bio-Fleisch, die zur Nachahmung einlädt. 
 
 
Biolandwirte und Interessierte aus den Landkreisen Neumarkt i.d.OPf., Regensburg und Amberg-Sulzbach besuchten den Bio-Betrieb Land.Luft in Leberfing, um die ertschöpfungskette Bio-Fleisch von der Weidehaltung über die Weideschlachtung und Warmfleischverarbeitung bis zur Vermarktung kennenzulernen.  - Foto: Foistner Sandra
 
 
Weideschweine - Foto: Foistner Sandra
 
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