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Kinder, Jugend und Corona: Wie wars und wie geht’s weiter?

22.09.2020 Neumarkt / Landkreis.

Die letzten Monate haben für viele Kinder, Jugendliche und deren Familien einige Veränderungen mit sich gebracht. Neben geschlossenen Schulen konnten auch die Kinder- und Jugendarbeit nur angepasst oder gar nicht stattfinden. nsbesondere Ferienangebote für Kinder mussten entsprechend der Pandemieentwicklung immer wieder auf den Prüfstand gestellt werden. Engagierte Vereine, Verbände und Jugendbeauftragte konnten für den Landkreis Neumarkt dennoch ein ansehnliches Programm bieten.

Sonderferienprogramm

Um Eltern zu entlasten, wurden von Seiten des Landratsamtes in diesem Jahr ein zusätzliches Betreuungsangebot in den Ferien eingerichtet. Dadurch konnte die Kommunale Jugendarbeit (KOJA) im Landratsamt kurzfristig ein Ferienprogramm auf die Beine stellen.



Links: Gabel Maria, Mitte: Landrat Willibald Gailler, Rechts: Niebler Susanne; Kinder der GS St. Marien - Foto: Niebler

Möglich gemacht hat dies auch das schnelle und unkomplizierte Entgegenkommen von Herrn Mirwald als Geschäftsführer und Frau Maria Gabel als Grundschulrektorin im Haus St. Marien. Die Räumlichkeiten im Haus St. Marien haben für zwanzig Kinder der 1. bis 6. Klasse aller Schulen im Landkreis, viele Möglichkeiten zum Spielen, Basteln und Toben geboten. Auch als Ausgangspunkt für Ausflüge war die Örtlichkeit ideal. Mit einem geeigneten Hygienekonzept und durch engagierte Begleitpersonen kann das Ferienprogramm welches durch ein Förderprogramm der Bayerischen Staatsregierung finanziert wurde als voller Erfolg gewertet werden.
Vor den Ferien ist nach den Ferien- in Vorbereitung der Herbstferien ist bei geeigneten Finanzierungsmöglichkeiten und vorhandenem Bedarf eine Wiederholung des zusätzlichen Angebots für Kinder des Landkreises durch das Landratsamt und der KOJA Neumarkt denkbar.

Eindrücke aus der Grundschule

Das vergangene Schuljahr stellte die Schulen und Familien vor besondere Herausforderungen. Die lange Schulschließung und die schrittweise Wiederaufnahme des Schulbetriebes unter besonderen Hygienevoraussetzungen forderten von allen Flexibilität und Zusammenhalt. Das „Lernen zu Hause“ wurde zentraler Bestandteil des schulischen Lernens.  An der Freien Katholischen Volksschule im Haus St. Marien konnte dies erfolgreich gemeistert werden durch den hohen Einsatz in den Familien und die intensive, engagierte Betreuung durch das Lehrer- und Erzieher-Team.

Es war deshalb der Schule ein großes Anliegen Eltern auch in den Ferienzeiten zu unterstützen und zu entlasten. Somit wurde die Anfrage des Landratsamtes Neumarkt durch die Kommunale Jugendarbeit zur Kooperation in der Umsetzung einer Ferienbetreuung in den Sommerferien mit Freude von Schulleitung der Grundschule Frau Maria Gabel an die Geschäftsführung des Hauses St. Marien Herrn Thomas Mirwald, herangetragen und gerne umgesetzt.

Die Kommunale Jugendarbeit im Landkreis Neumarkt: Wie kann es mit und nach Corona weitergehen?

Die KOJA als koordinierende Stelle im Landkreis für die Jugendarbeit, ermittelt Bedarfe und initiiert die Umsetzung notwendiger Maßnahmen um diesen zu entsprechen. So wird von Herrn Schmidt als Kreisjugenpfleger Beratung und Schulung zu allen Themen der Jugendarbeit im Landkreis geboten. Besonders erfolgreich waren hier bereits 9 Gemeinden die sich mit verbindlichen Kinder- und Jugendplänen auf den Weg gemacht haben. Neben Vereinen, Verbänden und ehrenamtlichen Jugendbeauftragten machen in acht Gemeinden Hauptamtliche ihre Sozialräume fit für die Zukunft.

Auch von Seiten des Landkreises wird in die Jugendarbeit investiert: Mit einer Stellenerweiterung wird Herr Schmidt seit Mitte des Jahres von Frau Niebler als neuer Kollegin unterstützt um neue Aufgaben der Jugendarbeit weiterzuentwickeln: Themen wie politische Bildung, Inklusion, Digitalisierung, Jugendbeteiligung und die Möglichkeit zum interkulturellen Austausch sind wichtige Aufgaben auch im Landkreis Neumarkt.

Corona hat ganz besonders für Jugendliche vieles auf den Kopf gestellt. Für die Jugendarbeit sieht die KOJA Neumarkt folgende Unterstützungsinstrumente als notwendig an um nach oder auch mit Corona wieder handlungsfähig zu werden:

Unterstützungsinstrument 1: Ausreichend personelle Ressourcen

Die Jugendarbeit benötigt dauerhaft ausreichend personelle Ressourcen um Ihren Auftrag gerecht zu werden. Projekte mit Modellcharakter voranzutreiben ist eine wichtige Aufgabe der Kommunalen Jugendarbeit. Unsere Umwelt verändert sich ständig und gibt der Jugendarbeit damit sich verändernden Rahmenbedingungen mit notwendigen Projekten zu begegnen- mit Corona und ohne Corona. Dem zu entsprechen ist aber nur möglich, wenn entsprechende personelle Ressourcen vorhanden sind. Ohne ausreichend personelle Ressourcen wird es schwierig bis unmöglich neben sofort „sichtbaren“ Arbeitsaufträgen der Jugendarbeit, zusätzliche, aber ebenso verpflichtende und notwendige Aufgaben zu planen und umzusetzen.

Unterstützungsinstrument 2: Gesellschafts-(Politische) Bildungsarbeit

Unsere Gesellschaft verändert sich derzeit. Es ist für uns alle notwendig zu lernen mit einer „neuen Normalität“ umzugehen. Ob die „alte Normalität“ wieder erreicht werden (will) ist nicht zwangsläufig gesellschaftlicher Konsens. Es sind besorgniserregende Koalitionen bei Demonstrationen zu beobachten. Fake News, Verschwörungstheorien, Radikalisierung- diesen zu beobachtenden Tendenzen in der Gesellschaft gilt es in der Jugendarbeit weiterhin verstärkt zu begegnen.

Unterstützungsinstrument 3: Digitalisierung

Digitale Welten sind Lebensrealität junger Menschen. Neben Bildungsangeboten zum verantwortlichen Umgang mit (digitalen) Medien muss die Jugendarbeit die Lebensrealität junger Menschen für sich annehmen und junge Menschen dort abholen wo sie nunmal sind. Digitale Informations- und Beratungsangebote sind (eigentlich) unabdingbar. Und wenn (hoffentlich nicht) wieder Umstände entstehen die es einfordern auf Präsenzangebote verzichten zu müssen, sind digitale, von Jugendarbeit gelenkte Begegnungsmöglichkeiten, unverzichtbar.  

Unterstützungsinstrument 4: Projektfinanzierung

Die geschaffenen Möglichkeiten zur Finanzierung eines verlässlichen, pädagogisch orientierten Ferienangebots war ein sehr gutes Beispiel wie relativ unbürokratisch einem entstandenen Bedarf von Seiten der Jugendarbeit entsprochen werden konnte. Allerdings konnten Jugendliche hiervon nicht profitieren. Es ist notwendig, gesonderte Fördermittel zu schaffen, um es der Jugendarbeit zu ermöglichen durch Corona entstandene Bedarfe in der Jugendarbeit umzusetzen. Sehr wichtig ist es auch, erfolgreiche Projekte zu dauerhaften Aufgaben der Jugendarbeit mit einer Regelfinanzierung zu hinterlegen.

Unterstützungsinstrument 5: Verantwortung und Beteiligung

Die Universität Hildesheim hat über 5.000 Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 15 und 30 Jahren in einer Online Befragung zu Ihren Erfahrungen und Perspektiven befragt.

Die wissenschaftliche Befragung lässt folgende erste Schlüsse zu:

Beteiligung an (politischen) Entscheidungsprozessen wird von einem Großteil der Jugendlichen als nicht gegeben wahrgenommen. „Jugendliche und junge Erwachsene haben nicht den Eindruck, dass ihre Interessen in der derzeitigen Krise zählen. Sie nehmen nicht wahr, dass ihre Sorgen gehört werden und sie in die Gestaltungsprozesse eingebunden werden“.

Jugendarbeit ist systemrelevant. Anders als jemals zuvor konnten (regelbrechende) Jugendliche systematisch nicht mehr erreicht werden. Sämtliche (niedrigschwelligen) Angebote mussten aus gutem Grund geschlossen werden. Allerdings kann nicht erwartet werden, dass es folgenlos bleibt, wenn Jugendarbeit und außerschulische Tätigkeiten nicht mehr laufen können.

Fazit der KOJA Neumarkt

Aus Sicht der KOJA Neumarkt ist eine Investition in die Kinder- und Jugendarbeit wichtiger denn je: Personell, Finanziell und Ideell. Es gilt vorhandene ehrenamtliche Strukturen mit einem koordinierenden Hauptamt in die Gemeinden zu verankern.  Die politische Stimme Jugendlicher muss insbesondere in Krisenzeiten gestärkt werden.

All dies ist insbesondere im Ausnahmezustand notwendig- Kinder und Jugendliche sind unser aller Zukunft. Um Kinder zu erziehen braucht es ein ganzes Dorf wie ein bekanntes afrikanisches Sprichwort sagt. Neben Schule ist es unabdingbar in außerschulische Bildungssysteme zu investieren. Natürlich kostet es erst einmal Geld in Kinder- und Jugendarbeit zu investieren.     

Die „Sozialrendite“ sollte dabei aber nicht unterschätzt werden: Inwieweit in die Zukunft unserer Gesellschaft investiert wurde wird sichtbar werden. Vielleicht nicht immer sofort, ein Ausbleiben kann aber sehr schnell offenbar werden: Wenn Jugendliche nicht im System gehalten werden können so wird dies Kosten verursachen und Schäden hervorrufen. Die Qualität der Kinder- und Jugendarbeit insbesondere in Krisenzeiten aufrechtzuerhalten und weiterzuentwickeln ist dringend notwendig und sollte Anliegen (gesellschafts-) politischer Bemühungen sein.
 

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